Gebiets­versorgung und bestehende Betriebe

Gebietsversorgung und bestehende Betriebe

Gebietsversorgung und bestehende Betriebe
Ob und wie Grundstücke baulich genutzt werden dürfen, hängt auch davon ab, in welcher Art von Gebiet (z.B. Gewerbegebiet, Allgemeines Wohngebiet etc.) sich das Grundstück befindet. Inwieweit ein Betrieb der Versorgung eines allgemeinen Wohngebiets dient (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), kann nicht daran bemessen werden, ob die Nachfrage im Gebiet bereits durch dort bestehende Betriebe derselben oder ähnlicher Dienstleistung befriedigt wird. Das hat das OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 18.06.2021 (Az. 1 LA 85/21) festgestellt. Im konkreten Fall zog ein Nachbar gegen ein Restaurant vors Gericht, weil er die Immis­sionen, auch der Restaurant­besucher, unzumutbar fand. Deshalb ging er gegen die Baugenehmigung des Restaurantbetreibers vor, welche diesem erlaubte max. 150 bis spätestens 22:00 Uhr, zu bewirten. Er argumentierte, dass das Restaurantgrundstück in einem Allgemeinen Wohngebiet liege. In einem solchen seien Speisewirtschaften allerdings nur in dem Rahmen zulässig, wie die Versorgung des Gebiets es erfordern würde (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Da es jedoch im besagten Gebiet und Umgebung bereits mehrere andere Gaststätten gebe, sei das neue Restaurant für die Versorgung des Gebiets mit Schank- und Speisestätten „nicht erforderlich“. Die Genehmigung sei deswegen rechtswidrig.

Weitere Betriebe für die Gebietsversorgung rechtlich unerheblich

Doch das Gericht verneinte dies. Rechtlich sei es unerheblich, dass es im entsprechenden Gebiet und näheren Umkreis weitere Gast­stätten gebe. Es seien die Kapazität der Gaststätte und die im Gebiet zu generierende Nachfrage in Bezug zu setzen. Denn ent­scheidend seien insbesondere die Größe und sonstige Beschaffenheit der (gebietsbezogenen) Anlage, die sich daraus ergebenden Erfordernisse einer wirtschaftlich tragfähigen Ausnutzung, örtliche Gegeben­heiten und die – eventuell regional unterschiedlichen – typischen Verhaltens­weisen in der Bevölkerung.

Kein Konkurrenz­schutz für bestehende Betriebe

Dabei sei es nicht Ziel des öffentlichen Baurechts, bereits bestehende Betriebe zu bevorzugen und zu verhindern, dass sich neue Betriebe ansiedeln. Ein faktischer Konkurrenz­schutz für bestehende Gaststätten zu Lasten von Neuansiedlungen sei dem öffentlichen Baurecht fremd. Deswegen sei die Argumen­tation, die gebietsbezogene Nachfrage an Speisestätten werde bereits von den bestehenden Gaststätten befriedigt nicht ausreichend, so das Gericht.

Werben um gebietsfremde Kundschaft zulässig

Das Gericht sah es darüber hinaus auch als mit der Genehmigung vereinbar an, dass sich der Restaurantbesitzer durch Werbeanzeigen über die gebietsbezogene Nachfrage hinaus auch um anderweitige, gebietsfremde Kund­schaft bemühte. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit dies dem genehmigten Betriebs­konzept entgegenstünde.

AMETHYST - Tipp

Gegen die Neueröffnung von Betrieben wird sich unter immissionsrechtlichen Gesichtspunkten schnell mal mit der Nachbarklage gewehrt. Dieser Fall zeigt, dass manche Immissionen aber hinzunehmen sind. Doch es gibt Unterschiede.

Wir von AMETHYST Rechtsanwälte kennen diese genau und beraten Sie gerne bei Bedarf.

Kommentar von:

<b>Anika Nadler</b>
Anika Nadler

Partneranwältin bei AMETHYST Rechtsanwälte

Veröffentlicht am:

14. Oktober 2021