Immissions­schutz­recht­liche Genehmigungs­bedürf­tig­keit für Anlagen

Immissions­schutz­recht­liche Genehmigungs­bedürf­tig­keit für Anlagen

Immissions­schutz­recht­liche Genehmigungs­bedürf­tig­keit für Anlagen
Süßwarengetränkehersteller haben eine Anzeigepflicht (§ 67 Abs. 2 BImSchG), auch wenn sie überwiegend Anlagen zur Abfüllung von Mineralwasser betreiben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.02.2021 (Az. BVerwG 7 C 7.19) klargestellt und damit die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Süßgetränke­herstellung durch Betreiber von Mineral­wasser­abfüll­anlagen

Dem Gericht lag ein Fall vor, in dem ein Unternehmen Anlagen zur Abfüllung von Mineralwasser betrieb, diese aber auch dazu nutzte, Süßgetränke herzustellen, indem dem Mineralwasser pflanz­liche Zusatzstoffe hinzugefügt wurden. Nachdem die zuständige Behörde dem Unternehmen gegenüber eine Anzeigepflicht nach § 67 Abs.2 BImschG i.V.m. Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV aussprach, zog dieses dagegen vors Gericht.

Wann besteht eine Genehmigungs- bzw. Anzeige­pflicht?

Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Herstellung von Nahrungs- oder Futter­mittelerzeugnissen aus ausschließlich pflanzlichen Rohstoffen mit einer Produk­tionskapazität von mindestens 300 Tonnen Fertigerzeugnissen bedürfen grundsätzlich einer Genehmigung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV). Zum Zeitpunkt der Einführung dieser Verordnung bereits errichtete Anlagen unterliegen hingegen einer entsprechenden Anzeigepflicht nach § 67 Abs. 2 S. 1 BImSchG. Dies betreffe auch die Anlagen der Klägerin, wie das Gericht hier feststellte. Die Klägerin argumentierte gegen diese Anzeigepflicht: Ihrer Auffassung nach sei der Vorgang, bei dem sie in ihren Anlagen dem Mineralwasser pflanzliche Zusatzstoffe hinzufüge, schon keine „Herstellung“. Es handele sich dabei um einen reinen Abfüll- und Verpackungsvorgang und gerade nicht um eine Herstellung im Sinne von Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV. Eine solche Herstellung müsse dem Wortlaut der Vor­schrift nach „ausschließlich“ – also alleinig – aus pflanzlichen Rohstoffen erfolgen. Die von der Klägerin produzierten Süßgetränke bestünden aber mehrheitlich, nämlich zu 85% aus Wasser. Entscheidend sei außerdem, dass der pflanzliche Rohstoff eine „Behandlung und Verarbeitung“ im unions­rechtlichen Sinne erfahre. Dazu müsse es aber eine qualifizierte Einwirkung auf den Rohstoff geben, welche hier zu verneinen sei. Darüber hinaus bestehe auch mangels Umweltrelevanz hier keine Anzeigepflicht.

Auch nicht rein pflanzliche Rohstoff­produktionen betroffen

Das Gericht sah das jedoch anders. Insbesondere eine an die Zusammensetzung des Rohstoffs geknüpfte Differenzierung greife zu kurz. Es spiele dabei keine Rolle, dass das Getränk zu 85% aus Wasser bestehe, denn eine Aussage hinsichtlich der Gesamtzusammensetzung des Nahrungs­mittel­erzeugnisses, insbesondere des Ausschlusses von Wasser oder mineralischen Bestandteilen ergebe sich aus Nr. 7.34.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV gerade nicht. Das Wort „ausschließlich“ beziehe sich dabei auf die bei pflanzlichen Rohstoffen anders geltenden Kapazitätsschwellen, nicht etwa auf die Gesamtzusammensetzung des jeweiligen Nahrungs­mittelerzeug­nisses. Die Auslegung der Klägerin dieser Norm würde unweigerlich dazu führen, dass diese weitgehend leer liefe, da gerade in der Nahrungsmittelproduktion häufig Stoffe wie Trinkwasser oder Mineralien hinzugefügt werden.

Zufügen von pflanzlichen Rohstoffen ist keine bloße Abfüll- oder Verpackungs­tätigkeit

Außerdem sei hier auch keine „Behandlung oder Bearbeitung“ in qualifizierter Form von Nöten. Es genüge jegliche der Herstellung eines Nahrungsmittels dienende Einwirkung auf den Rohstoff. Im Immissionsschutzrecht zähle hierzu jede Tätigkeit, die unmittelbar der (Wieder-)Gewinnung, oder Erzeugung von Stoffen, Erzeugnissen oder Anlagen(-teilen) dient, so das Gericht. „Herstellen“ meine dabei das Gewinnen, Zubereiten, Be- und Verarbeiten und Mischen (vgl. auch § 3 Nr. 2 LFGB). Danach sei – so das Gericht – das Zuführen pflanzlicher Rohstoffe zum Mineralwasser klar als „Herstellen“ eines Süßgetränks und damit eines Nahrungs­mittelerzeugnisses einzustufen.

Süßgetränkeher­stellung in diesem Umfang ist umweltrelevant

Um das abstrakte Gefährdungs­potenzial eines Anlagentyps einzuordnen, sind die Emissionen zu berücksichtigen, die typischerweise von Anlagen ausgehen. Nr. 7.34.2 des Anhang I zur 4. BImSchV legt die Kapazitätsgrenze auf mindestens 300 Tonnen Fertigerzeugnisse pro Tag. Die maximale Produktionskapazität der Anlagen der Klägerin für Süßgetränkeherstellung liege hier bei etwa 720 Tonnen pro Tag. Damit könne auch dieser Anlagentyp potenziell schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen, entschied das Gericht, und nahm so der Argumentation der Klägerin vollends den Wind aus den Segeln.

AMETHYST - Tipp

Dieser Fall verdeutlicht: Im Umweltrecht, gerade aus immissions- und emissionsschutzrechtlicher Sicht, wimmelt es nur so von Genehmigungs- und Anzeigepflichten. Lassen Sie sich davon lieber nicht überraschen, denn das kann unter Umständen teuer werden. Wir von AMETHYST-Rechtsanwälte betreuen Sie gerne.

Kommentar von:

<b>Anika Nadler</b>
Anika Nadler

Partneranwältin bei AMETHYST Rechtsanwälte

Veröffentlicht am:

03. November 2021