Rücknahme fremder Produkte durch Hersteller

Rücknahme fremder Produkte durch Hersteller

Rücknahme fremder Produkte durch Hersteller
Hersteller und Vertreiber können ungefährliche Abfälle freiwillig zurücknehmen, auch wenn es sich dabei um fremde Produkte handelt. Diese müssen jedoch der gleichen Warengattung angehören und die Rücknahme von Abfällen darf quantitativ nicht unverhältnismäßig zu ihrer Hersteller-/ Vertreibertätigkeit sein. Das entschied das VG Stuttgart am 28.06.2018 (Az. 14 K 2931/17). Denn Produktverantwortung ist als Gruppenverantwortung aller Hersteller und Vertreiber einer bestimmten Warengattung anzusehen.

Gefährdung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger?

Im konkreten Fall ging ein Unternehmen gegen einen Bescheid vor, der ihm nicht erlaubte, vor seinen Filialen Rückgabeboxen für Alttextilien und -schuhe aus eigenem sowie fremdem Sortiment aufzustellen und diese anschließend zu entsorgen. Im Bescheid hieß es, dass die freiwillige Rücknahme von Alttextilien und -schuhen im Rahmen der Produkt­verantwortung nach § 26 Abs. 3 S. 1 KrWG nur möglich sei, wenn es sich dabei um selbst hergestellte oder vertriebene Produkte handele. Auch der Begriff der Produkt­verantwortung spreche für diese Auslegung, denn diese umfasse insbesondere die Her­stellung, das Inverkehrbringen und die Kennzeichnung von Erzeugnissen (§ 23 KrWG). Wenn man die Produktverantwortung ausweiten würde, wäre die allgemeine Überlassungspflicht an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gefährdet (§ 17 Abs. 1 KrWG).

Produktverantwortung als Gruppenverantwortung aller Hersteller und Vertreiber derselben Warengattung – Voraussetzungen:

Das Gericht sah das anders und gab dem Unternehmen Recht: Solange die Rücknahme von Abfällen nicht quantitativ unverhältnis­mäßig zur Hersteller- oder Vertreibertätigkeit sei, können ungefährliche Abfälle – auch fremder Produkte – freiwillig zurückgenommen werden. Dazu müssen die Voraussetzungen nach § 26 Abs. 3 S. 1 KrWG vorliegen. Die Rücknahme der Abfälle ist danach gestattet, wenn sie freiwillig erfolgt, um die Produkt­verantwortung i.S.d. § 23 KrWG wahrzunehmen, die Rücknahme die Kreislaufwirtschaft fördert und die umwelt­verträgliche Verwertung oder Beseitigung der Abfälle gewährleistet bleibt.

Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nicht gefährdet

Zwar bestehe eine Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§ 17 Abs. 2 S. 1Nr. 2 KrWG), diese entfalle aber für Abfälle, die i.S.d. Produktverantwortung freiwillig mit entsprechendem Freistellungs- oder Feststellungsbescheid (§ 26 Abs. 3 oder Abs. 6 KrWG) zurückgenommen würden. Außerdem sei es dem Verbraucher durch Delabeling und nicht mehr vorhandener Kassenbons kaum möglich, seine abgetragene Kleidung und Schuhe dem tatsächlichen Vertreiber oder Hersteller zuzuordnen. Für ein weites Verständnis der Produktverantwortung sprächen somit auch Praktikabilitätsgründe. Da die freiwillige Rücknahme von (ungefährlichen) Abfällen zudem eine Ausnahme von der Überlassungspflicht an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger darstelle, sei nicht ersichtlich, dass dadurch das System der Überlassungspflichten konterkariert würde, so das Gericht. Im Gegenteil, die Produktverantwortung diene gerade der Entlastung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger.

AMETHYST - Tipp

Dieses Urteil zeigt, dass man sich nicht scheuen sollte, für sein Recht einzustehen und es sich durchaus lohnt, gegen ablehnende Bescheide in der Abfallbranche vorzugehen.

Wir von AMETHYST Rechtsanwälte setzen uns gerne für Sie ein. Unsere Anwälte und Anwältinnen überprüfen Ihre Bescheide, kommunizieren mit den Behörden und verteidigen Sie vor Gericht.

Kommentar von:

<b>Anika Nadler</b>
Anika Nadler

Partneranwältin bei AMETHYST Rechtsanwälte

Veröffentlicht am:

27. September 2021