Anforderungen an die Ermessens­entscheidung der Behörde bei der Sicher­heits­leistung nach § 18 Abs. 4 VerpackG

Anforderungen an die Ermessens­entscheidung der Behörde bei der Sicherheits­leistung nach § 18 Abs. 4 VerpackG

Anforderungen an die Ermessensentscheidung der Behörde bei der Sicherheitsleistung nach § 18 Abs. 4 VerpackG

Die Sicherheitsleistung, die Systembetreiber nach § 18 IV VerpackG zu erbringen haben, kann nicht einfach „willkürlich“ von der zuständigen Behörde erhöht werden. Zwar steht die Sicherheitsleistung im Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Behörde, ihre Ermessensentscheidung ist aber zu begründen. Anderenfalls ist der Bescheid, der die erhöhte Sicherheitsleistung festsetzt rechtswidrig. Das stellte das VG Stuttgart durch Beschluss vom 13.10.2020 (Az. 14 K 1696/20) klar.

Ein Systembetreiber war gegen einen Bescheid vorgegangen, der ihm auf Grundlage des § 18 IV VerpackG eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5.317.900 EUR abverlangte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Behörde dem Systembetreiber nach dem ehemals geltenden § 6 V 3 VerpackV eine Sicherheitsleistung in Höhe von 3.546.400 EUR auferlegt. Bei dem neuen Bescheid hatte die Behörde entgegen der darin getätigten Formulierung „Die Anordnung einer Sicherheitsleistung steht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde.“ kein Entschließungsermessen mehr ausgeübt. Das Gericht entschied: Dies mache den neuen Bescheid rechtswidrig.

§ 18 IV VerpackG erweitert Rückgriffsmöglichkeit auf die Sicherheitsleistung deutlich

§ 18 IV VerpackG löst die bisherige Regelung des § 6 V 3 VerpackV ab, dehnt dabei den Anwendungsbereich weiter aus und erweitert die Rückgriffsmöglichkeiten auf die Sicherheitsleistung. Ein Rückgriff auf die Sicherheitsleistung ist danach nicht mehr nur bei einem Verstoß eines Systembetreibers gegen Pflichten nach dem Verpackungsgesetz möglich, sondern auch wenn gegen Pflichten aus der Abstimmungsvereinbarung nach § 22 Abs. 1 VerpackG oder gegen Pflichten aus einseitigen Vorgaben nach § 22 Abs. 2 VerpackG verstoßen wird.

Darüber hinaus entfällt die bisherige Einschränkung, wonach nur die Kosten einer Ersatzvornahme erstattet werden konnten. Wenn sie kausal auf dem Pflichtverstoß beruhen, kann die Behörde auch andere Zusatzkosten über die Sicherheitsleistung ersetzt verlangen. Dazu zählen z.B. Ermittlungs- und Verwaltungskosten oder Kosten für andere Vollstreckungsmaßnahmen.

Finanzielle Verluste, insbesondere bei Nichtleistung von in der Abstimmungsvereinbarung festgelegten Entgelten, die durch den Pflichtverstoß des Systembetreibers ausgelöst wurden, kann die Behörde ebenfalls durch einen Rückgriff auf die Sicherheitsleitung ausgleichen.

Erneutes Entschließungsermessen erforderlich

Hieran bemessen steigen auch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Ermessensausübung, so das Gericht. Eine bloß stillschweigende Fortschreibung des Entschließungsermessens genüge danach nicht. Die bloße (sinngemäße) Wiedergabe des Gesetzestextes nach § 18 IV VerpackG im Bescheid, mit dem Zusatz „Daher besteht der Bedarf, die Sicherheitsleistungen an die neue Rechtslage anzupassen […]“ reiche nicht aus. Denn damit verdeutliche die Behörde, dass sie davon ausging, dass die Anpassung der Sicherheitsleistung gesetzlich zwingend vorgeschrieben sei und verdeutlicht damit, dass sie gerade kein erneutes Entschließungsermessen ausgeübt hat.

AMETHYST Rechtsanwälte - Tipp

Doch damit nicht genug. Da die Sicherheitsleistung hier um stolze 49,95% erhöht wurde, äußerte das Gericht mit Blick auf die betroffenen Grundrechte des Systembetreibers auch Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der neu festgesetzten Sicherheitsleistung und warf sogar den Begriff der „Übersicherung“ in den Raum. Damit zeigt dieser Fall, dass ein die Sicherheitsleistung erhöhender Bescheid aus vielen Gründen rechtswidrig sein kann. Gerade deshalb lohnt eine gewissenhafte Überprüfung durch Rechtsanwälte. Wir von AMETHYST Rechtsanwälte unterstützen Sie hierbei gerne.

Kommentar von:

<b>Anika Nadler</b>
Anika Nadler

Partneranwältin bei AMESTHYST Rechtsanwälte

Veröffentlicht am:

26. Januar 2022